(un)sichtbare Klasse!?! 2.0 – Vortragsreihe

Die Reihe fand im Wintersemester 2021/22 statt. Die Vorträge können bei YouTube nachgehört werden.

Klassismus ist in der öffentlichen Debatte angekommen. Warum wird es gerade wieder möglich, über Klasse zu sprechen? Wer spricht wie über Klasse und Klassismus und warum? Welche klassistischen Strukturen werden in Zeiten von Pandemie und BAföG-Jubiläum (un)sichtbar – und wie können wir dagegen vorgehen? Diese Vortragsreihe des Autonomen Referats für antiklassistisches Empowerment an der Uni Köln sucht nach Antworten.

Den ersten Teil der Vortragsreihe könnt ihr hier zu Teilen anhören.

26. Oktober 2021: Eine Einführung in Klassismus 2.0. Was er ist – und was er nicht ist (Andreas Kemper)
Der Begriff „Klassismus“ ist älter als die ersten Publikationen von Marx und Engels. Dennoch wird der Begriff unzulässig als neumodische Version der sogenannten „Identitätspolitik“ bezeichnet. Im Schulterschluss mit SPIEGEL-, ZEIT- und FAZ-Journalist*innen behaupten einige Marxist*innen, es ginge beim Anti-Klassismus nur darum respektvoll mit Arbeiter*innen umzugehen, ohne Vermögens- und Ausbeutungsverhältnisse zu kritisieren. Der Philosoph Slavoj Žižek behauptet gar, dem Anti-Klassismus ginge es um die Zementierung der Klassengesellschaft und biete somit eine „faschistische“ Lösung für gesellschaftliche Probleme.
In diesem Vortrag werden die Missverständnisse und Zerrbilder einer materialistischen Kritik unterzogen.
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9. November 2021: Bildungsfabrik Uni – Wie die Hochschule uns formt (Kevin Kunze)
Unsere Gesellschaft benachteiligt Menschen mit niedrigem sozio-ökonomischen Status. Ganz besonders zeigt sich das im Bildungssystem – die, deren Eltern nicht studiert haben, fallen schnell durchs Raster. Doch gerade das Bildungssystem sollte dafür sorgen, dass soziale Ungleichheiten abgebaut werden und es sollte Menschen ermöglichen, an der Gestaltung der Gesellschaft teilzunehmen. Stattdessen sorgen die Institutionen dafür, dass Schüler*innen und Student*innen systematisch geformt und an eine vermeintliche Normalität angepasst werden.
Der Input dreht sich um gesellschaftliche Konformitäten, die Frage, wie Ausschlüsse entstehen und durch welche Mechanismen das Bildungssystem Normalitäten herstellt und uns alle daran anzupassen versucht.

23. November 2021: Klasse als wandelnder Zombie? Konjunkturen des Klassenbegriffs in der Wissenschaft (Carina Altreiter)
Der Vortrag skizziert Konjunkturen des Klassenbegriffs in den deutschsprachigen Sozialwissenschaften im Kontext gesellschaftlicher Wandlungsprozesse und damit verbundene Implikationen. Die seit Jahrzehnten anhaltende Marginalisierung (und Tabuisierung) des Klassenbegriffs verweist auf Kämpfe über legitime Deutungen sozialer Wirklichkeit, die darüber entscheiden, welche Ungleichheiten in einer Gesellschaft wahrgenommen werden (können).

7. Dezember 2021: (Kinder-)Armut, Ungleichheitsprozesse und Klassenanalysen oder: In 180 Jahren von Hartz bis Mitte (Michael Klundt)

Der Vortrag untersucht die Lebensbedingungen v.a. für Kinder und Jugendliche (auch in Zeiten von Corona).
Nach der Betrachtung von Erscheinungsformen werden Folgen von (Kinder-)Armut aufgezeigt. Daraufhin widmet sich der Referent der notwendigen Erforschung von Ursachen und Zusammenhängen, welche immer wieder in Äußerungen aus Politik, Medien und Wissenschaft mit Anlässen und Teil-Aspekten verwechselt werden und somit das sozialpädagogische wie wissenschaftliche Begreifen und wirksame Verändern der Verhältnisse behindern. Zum Schluss werden einige notwendige, kinderrechtsorientierte Maßnahmen und Alternativen skizziert, welche gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen mitberücksichtigen, wie z.B. den gestiegenen privaten Reichtum im Verhältnis zur Ausweitung und Verstetigung von Armut in familiären und kindlichen Lebenswelten.
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21. Dezember 2021: Class matters. Sorgearbeit und Klassismus (Francis Seeck)

Eine bislang weitgehend ignorierte Diskriminierungsform prägt unsere Gesellschaft fundamental: Klassismus. Diskriminierung aufgrund von Klassenherkunft und Klassenposition wirkt schon vor der Geburt und bis über den Tod hinaus. Auch der Zugang zu Sorgearbeit und ihre gesellschaftliche Verteilung ist von Klassismus geprägt. In dem Vortrag zeigt Francis Seeck ausgehend von der Studie „Care trans_formieren. Eine ethnographische Studie zu trans und nicht-binärer Sorgearbeit“ (Transcript, 2021) wie Sorgearbeit, Klassismus, Sexismus und Heteronormativität miteinander verwoben sind.
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11. Januar 2022: Geld. Der entscheidende Unterschied zwischen Klassismus und anderen Diskriminierungsformen (Anna Mayr)

Klassismus ist ein hipper Begriff geworden. Es fehlte ja auch ein Wort, um das zu beschreiben, was viele Menschen erleben: Die Abwertung ihrer Arbeit und Art, wie sie leben können, die undurchdringlichen Codes, die ihnen Zugänge verstellen. Aber Klasse ist eben nicht nur eine von vielen Diskriminierungsformen — sie ist auch die Folge von Diskriminierung. Anti-Klassismus fordert nicht nur Anerkennung für diejenigen, die betroffen sind — sondern eben die Abschaffung der Klassengesellschaft an sich.
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25. Januar 2022: Das Stigma der Depression in der Klassengesellschaft (Georg Blokus)

Sind wir selbst schuld an unserem psychischen Leid oder ist es ein Symptom der Ungerechtigkeiten und Kämpfe der Klassengesellschaft? Und woran werden wir eigentlich leiden, wenn der Kapitalismus endlich vorbei ist? Georg Blokus gibt in diesem Vortrag einen Einblick in Studien und Analysen zum verworrenen Zusammenhang von Depression, Burnout und Klasse. Es werden unterschiedliche Krankheitsmodelle und Anti-Stigma-Ansätze vorgestellt und kritisch diskutiert, um zu verstehen, wem Psychodiagnosen, Psychotherapien und Psychopharmaka unter welchen Bedingungen helfen, oder nicht. Der Vortrag wird Raum für Austausch und Reflexion geben, um gemeinsam in die Tiefen der zeitgenössischen Psyche in der Klassengesellschaft einzutauchen, emanzipatorische ‚gesellschaftstherapeutische’ Strategien des Mental Health Organizing und des Consciousness Raising kennenzulernen und eine andere Sprache für den weiterverbreiteten Weltschmerz zu suchen.
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12.-13. März 2022: Empowermentworkshop (Tanja Abou)

Du studierst in erster Generation? Dann bist du hier genau richtig. Wir wollen zusammen mit Tanja Abou ein Wochenende verbringen um uns besser kennenzulernen, uns gegenseitig zu empowern, sowie uns gemeinsam gegen Klassismus einzusetzen.

Wann? 12.03. und 13.03.22 von 10-17 Uhr
Es gibt gemeinsames Mittagessen.
Wo? Alte Feuerwache in Köln
Wie meldet man sich an?
Bitte Name, Alter, Studienort, sowie Ernährungsform (fürs Essen) an workshop@arfake-koeln.de schicken. (Es kann sich nur per Mail angemeldet werden.)
Für wen?
Der Empowermentworkshop ist nur für Studierende in erster Generation gedacht. Sollte es mehr Anmeldungen geben als Plätze werden wir die Plätze auslosen.

Wichtig: Es gilt 2G+, alle Teilnehmenden sind dazu angehalten sich morgens immer zu testen, auch geboostete Menschen. Außerdem kann es aufgrund vom Pandemiegeschehen auch zu einer Verschiebung der Veranstaltung kommen. Wir geben euch dann rechtzeitig bescheid.

Der Workshop ist für alle Teilnehmenden kostenlos.

Alle Vorträge wurden in Deutsche Gebärdensprache gedolmetscht.

Sie wurden durch den Diversity-Projekt-Fond der Universität zu Köln gefördert.